Poesie

Blank Pages.

Lange betrachtete ich dich, ohne auch nur einen festen Gedanken fassen zu können. Alle Gedanken und Eindrücke flogen zusammenhanglos in mir umher, bildeten kein eingängiges Muster.
Dein Blick war starr auf das gerichtet, was vor dir lag. Immer und immer wieder bewegten sich deine Lippen, ohne auch nur einen einzigen Laut entweichen zu lassen.
Immer und immer wieder blättertest du die Seiten um, die dich so in ihren Bann gezogen hatten.
Du warst so versunken, dass du mich gar nicht bemerktest. Ich war ein stiller Beobachter, der sich kaum zu atmen traute, nur, um dich nicht aus deiner Trance zu wecken.
Die Furchen auf deiner Stirn verrieten mir, dass du angestrengt nachdachtest, darüber, was du als nächstes tun würdest und darüber, wie dein Leben in Zukunft aussehen sollte.
Dein leerer Blick verriet mir aber auch, dass du es nicht wusstest.
Du warst so verloren wie unsere Fußabdrücke, die wir am Strand der Vergessenheit hinterließen und die schon längst vom Laufe der Zeit hinweggespült worden sind.
Irgendwann hast du das Zimmer verlassen, ohne auch nur bemerkt zu haben, dass ich die ganze Zeit versuchte, in deine Gedanken einzudringen. Du gingst und ließest liegen, was dich so lange aufgehalten hat.
Ich stand auf, ganz langsam und vorsichtig, taumelte bis zum Tisch, an dem du eben noch gesessen hast. Langsam griffen meine zitternden Finger nach dem, was vor mir lag und blätterten darin.
Doch alles, was ich sah, waren ungeschriebene Worte, unausgesprochene Gedanken.
Als ich ging, ließ ich die Tür offen. Meine Hoffnung war wohl größer als mein Verstand, denn tief im Innern wusste ich, dass diese Seiten für ewig so weiß bleiben würden.

© Nelli H.

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